Puberty Short Cuts

Vorspiel

Die Pubertät ist nicht nur die Zeit, in der die Eltern anfangen, schwierig zu werden.

Nicht nur die Zeit der ersten Liebe, der Verwirrung, des Schmerzes, nein, sie ist vor allem erst mal die Zeit des Körpers. Genauer gesagt, eines Teiles von ihm, der Beine.
Mit den Beinen geht es los, sie sind die Voraussetzung: Verstecken spielen, Fangen, Räuber und Gendarm, Fuß- und Völkerball, auch Ski fahren, Wandertag in der Gruppe, spazieren gehen zu zweit, später der Tanzkurs, und immer so weiter.
"Willst du mit mir gehen?"
"Kommst du mit auf die Party?"
"Darf ich dich noch ein Stück begleiten?"
"Gehen wir zu mir oder zu dir?"
Bevor man mit den Händen darf, braucht man die Beine. Und da ist der Haken: Image ist nichts, Schuhwerk ist alles. Und Socken darin sind immer scheiße - egal, welche Farbe.
Was das mit mir zu tun hat? Mit diesem Foto, auf dem nur besockte Jungsfüße in Sandalen zu sehen sind? A portrait of the artist as a young man.

Die Hölle war der Tanzkurs. Der Tanzkurs mit Katja.

Bei Herrn Hofer, diesem Wicht. „Tanzschule Edwin Hofer - immer im richtigen Schritt.“
Kraft durch Freude bei Hofer, diesem Gnom, mit seinem Rasierwasser-Rollenbild. Ein Mann, ein Volk, ein Walzer. Vom Kavalier zum Delikt ist es nicht so weit. Wie er uns immer angeschnarrte: „Wer sagt denn, dass Mauerblumen nicht blühen können? Hm, hm, wer sagt das denn? Und der Mann hält immer den Wagenschlag auf! Vergessen Sie das nicht, Jess, Katja, wenn Sie zusammen unterwegs sind: der Mann hält immer den Wagenschlag auf.“ Hey - Katja fuhr eine Zündapp, die sie eigenhändig aufgemotzt hatte!
Deswegen hat Hofer sie auch so auf dem Kieker gehabt... Katja kam immer mit ölverschmierten Fingern in den Tanzkurs, so ging’s schon mal los, dann hatte sie nie Röcke an, nie...
Hofer hat immer an ihr rumgemäkelt. Wenn Katja mich zärtlich über’s Parkett schob, schnauzte er: „Katja, zum letzten Mal: Sie sind nicht der Führer!“
Und er hat es geschafft, uns zu demütigen, nicht vor den anderen, er bestellte uns in sein Büro, musterte uns und sagte: „Sie beide... lassen das besser.“
Mit der bekloppten Begründung, dass Katja zwei Köpfe größer war als ich.
Aber das werde ich Katja nie vergessen, wie sie sich vor diesem Vorort-Astaire aufgebaut hat und ihm mitten in sein schwiemeliges Gesicht pfefferte: „Fahr zur Hölle, Hupfdohle!“
Das war groß. Noch größer aber war, wie wir diesen doofen Abschlussball dann einfach geschwänzt haben. Wir sind einfach nicht hingegangen. Stattdessen sind zu ihr nach Hause, haben uns in ihrem Jugendzimmer eingeschlossen, die AC/DC-Platte aufgelegt und die ganze Nacht hindurch... getanzt. - Im Liegen.

Aber es gab ja auch noch Astrid. Astrid und mich. Immer schon. Tür an Tür.

Nur die Idee, 9 1/2 Wochen nachzuspielen, hätte besser eine bleiben sollen. Astrid war nicht Kim Basinger und ich nicht Mickey Rourke. Aber wie er ihr Honig und Milch über den Körper goss, um sie dann abzulecken, hatte einfach etwas Unwiderstehliches. Kino lässt sich nicht schmecken, das Leben schon. Wir waren sehr tapfer, sicher, aber lecker ist anders.
Wann ich mich dann in Astrid verliebt habe, weiß ich nicht mehr genau. Vielleicht fing das auch viel früher an. Sie besaß einen Biene-Maja-Schulranzen, ein Biene-Maja-Federmäppchen und sogar einen Biene-Maja-Bleistiftspitzer. Ich glaube, der war es letztlich. Neid und Schwärmerei liegen bekanntlich nah zusammen, und die kindliche Erotik von Bleistift und Spitzer ist noch lange nicht ausgelotet.
Was soll's. Die Erinnerung ist das Land, in dem Milch und Honig fließen. Soll ja gar nicht so gesund sein.

Manchmal kommt die Abhängigkeit vor der Liebe.

Katja hatte ihre Hände auf den Tasten und ich blätterte die Partitur um. Ein lächerliches Paar: Sie spielte miserabel und ich konnte keine Noten lesen. Katja musste mir immer zunicken, wenn ich blättern sollte, und die Vorspielabende der Musikschule gerieten zu Folter, Farce und heimlichem Liebesbeweis.
Das Leben draußen dagegen war unschuldig: Fußball zwischen den Aschentonnen, Gummitwist, "eins, zwei, drei, vier Eckstein, jeder muss versteckt sein".
Und jeder war dem anderen entbehrlich.
Vor dem Abschlusskonzert riss ich die letzte Seite des Notenheftes heraus und klebte einen Zettel ein. Gemeinsam siegen oder alleine untergehen. Händchenhaltend durchs Leben oder Schostakowitsch bis in alle Ewigkeit.
"Willst du mit mir gehen?", stand auf dem Zettel.
Ich erinnere mich nicht, ob Katja nickte, aber sie spielte fehlerfrei zu Ende.

Wenn man sich lieb hat und nackt ins Bett legt, kommen die Babys.

Tagelang wälzten wir uns auf dem Laken, und nichts passierte. Vieleicht liebten wir uns nicht genug? Auf jeden Fall war es langweilig, also machten wir Doktorspiele.
Astrids Lieblingskrankheit war Ausschlag. Sie malte sich rote Punkte auf den Körper, und ich heilte sie mit einem feuchtem Waschlappen. Sie mochte das und kam immer häufiger mit Unterleibsmasern an.
Umgekehrt diagnostizierte sie bei mir akute Haarlosigkeit im Schambereich, was sehr gefährlich wäre. Weil sie dort schon Haare hatte, glaubte ich ihr.
"Das wird jetzt etwas wehtun", sagte sie und düngte die Problemzone mit Salz und Pfeffer.
Als die Therapie Jahre später tatsächlich anschlug, wollte ich wieder der Arzt sein. Aber Astrid ließ sich nicht mehr von mir untersuchen.
"Für so was stecken sie einen ins Gefängnis", sagte sie.
Ich ließ es nicht darauf ankommen.

Das Leben ist eine Wasserrutsche.

Es war Erwin, der im Freibad philosophisch wurde. "Mal bist du oben, mal gehste baden. Und den Rest der Zeit stehst du an."
Mir machte die Rutsche Angst, weil sie hoch war, weil man nur auf dem Rücken durfte, weil man sehr einsam war da oben...
Ich wusste doch, was abging, wenn ich einsam war. Den ganzen Tag in der Sonne, Katja und Astrid und "schmierst du mir den Rücken ein?". Abends wurde es dann hart, wenn ich im Bett lag, die Augen starr, die Hand mechanisch. Krumme Finger kriegte man davon und blind wurde man. Erwin, der Philosoph, versuchte mir, die Furcht zu nehmen: "Hör zu, Kleiner", sagte er, "alle machen das. Der Deutsche legt seine Hände nicht untätig in den Schoß."
Ganz beruhigt hat mich das nie, aber Erwin fragte: "Weißt du, was ich denke, wenn ich onaniere?" Ich wusste es nicht.
"Ach, denke ich", sagte er, "eigentlich bin ich gar nicht so mein Typ."
Wer sagt, dass man, wenn man alleine auf dem Rücken liegt, nicht lachen kann?

"Aber gut sah sie schon aus."

Keine Ahnung, wer auf die bekloppte Idee kam, das "Lernziel Drittes Reich" ausgerechnet halbwüchsigen Schülern näher bringen zu wollen.
"Von der Bettkante hätte ich die Sophie Scholl nicht geschubst", sagte Wolfi.
"Aber vom Wachturm schon, du Nazi", meinte ich, dachte dabei aber an Katja.
Die guckte weg. Pubertät und Widerstand, meine Fresse. Graf Stauffenberg, des Lehrers liebstes Kind:
"Über Jahre waren das stramme Faschisten", sagte Erwin, "und dann kriegen sie noch nicht mal 'ne anständige Bombe hin."
"Gewalt ist eh keine Lösung", murmelte Astrid.
Katja kritzelte "Spandau Ballet" aufs Mäppchen. "Ob Eva Braun den Hitler geliebt hat?"
Aua.
Wir gingen aus dem miefigen Schulungsraum, und Astrid ließ die Luft aus Katjas Fahrrad.
"Findest du Sophie Scholl auch sexy?"
Wenn ich jetzt ja sage, dachte ich, verlässt sie mich. Das wäre es wert gewesen.

Zwischenspiel

Alles, was wirklich von Belang war, habe ich im Wald gelernt.

Die Angst zu überwinden, wenn es dunkel wurde. Die Stille zu suchen, wenn man sie nötig hatte. Die Pfade zu verlassen, wenn sie ausgetreten waren. Ich lernte, dass die Räuber ganz woanders sind, dass ein Kompass besser ist als Brotkrumen und dass man von Ameisenpisse doch nicht sirbt.
Und dass Schweizer Messer wirklich wehtun - wenn man sie im Hosensack hat und dann genau da drauffällt. McGyver, du Penner, wann hast du das letzte Mal ein Herz in die Rinde geritzt?
Wer kann es vergessen, das erste Feuer, das erste Versteck? Der Wald, und nicht die Welt, war der beste aller Orte.
Einmal bin ich dorthin abgehauen. Ich schaffte Vorräte ins Baumhaus. Ich griff nach den Sternen. Ich trug Eulen nach Athen.
Heute ist das längst verboten.

Irgendwie ist der Gegenwart das Trampen abhanden gekommen.

Leergefegt die Parkplätze und am Straßenrand warten keine Geschichten mehr. Sind alle zu reich geworden, zu feige oder einfach erwachsen?
Für mich gehört Trampen in eine Zeit, in der man es noch gar nicht so nannte, sondern "per Anhalter fahren". Sonst hätte ich es eh nicht verstanden, weil meine Pubertät unschuldig und ohne Englischkenntnisse begann. Musik war nichts als Musik und der Text Fantasie:
"Leik a wörtschin, tatscht for se weri först teim."
Natürlich schauten wir in die Übersetzungsrubrik der Bravo: "Wie 'ne Jungfrau." Oder: "Ich bin ein materielles Mädchen."
Was auch immer das heißen mochte, egal: Sparschwein geschlachtet, Daumen raus und einfach los. Sollte ich mal wieder machen. Heute kann ich Englisch, und die Liebe wartet irgendwo da draußen.
"Irgendwo kommt man immer an", singen die Waco Brothers.
"And at the end of the road is a dance-hall."

Fünfzehn Minuten schenkt die Bahn den Verliebten.

Eine Viertelstunde umsonst parken vor dem Bahnhof, schönen Dank auch. "Kiss and rail" steht auf den Schildern. Unternehmen Zukunft.
"Das hätt' uns im Leben nicht gereicht", sagt die Oma, und spricht von der Vergangenheit. Immer, wenn sie mich zum Zug bringt, erzählt sie von den Aberstunden an den Gleisen. Erzählt vom Poussieren, vom Abschied nehmen und Wiedersehen feiern. Alles, was sich auf den Straßen und in den Häusern nicht schickte, war auf dem Bahnhof erlaubt.
"Und wenn der Zug fuhr, haben alle, aber auch alle gewunken."
Ich weiß, dass meine Oma weder Fotos noch Liebesbriefe aufbewahrt. Nur eine Kiste voller Bahnsteigkarten, unzählige Billette des Glücks. Und auf einem jeden steht in ihrer geschwungenen Schrift ein Männername. Damit sie sich erinnert. Worauf soll sie meinen Namen schreiben?
"Lehn dich man nicht zu weit aus'm Fenster, Jung'", sagt sie im Weggehen, aber sie sagt es nur so. Sie weiß, dass man in den Zügen die Fenster schon lange nicht mehr öffnen kann.
Außerdem ist die Viertelstunde fast vorbei.

Nachspiel

Ein Problem mit Astrid war die Natur.

Dass sie da immer hin wollte. Der Satz "Lass uns spazieren gehen" bedeutet den Anfang vom Ende. Und Wandern ist die Fortsetzung der Heimatvertreibung mit anderen Mitteln. Gegend angucken muss man dann oft oder Antworten wissen auf Fragen wie: "Was ist denn das für ein Baum?". Und Arm-in-Arm-Laufen muss man, was schon mal gar nicht geht.
Bei jedem Ausflug, den wir machten, hoffte ich auf einen Hinterhalt. Astrid würde ich beschützen - mich aber erwischte es. "Argh! Es hat mich erwischt", würde ich sagen und nach zehn letzten Schritten dann: "Geh du alleine weiter, ich schaffe es nicht mehr."
So stellte ich mir das vor. Allein, es ist friedlich im Allgäu.
Also betete ich für spontanes Einschneien: Zack, und schon ist man von der Außenwelt abgeschnitten; lebensgefährliche, meterhohe Schneemassen auf dem Dach machen ein Hinausgehen unmöglich. Also müssen wir drinnen bleiben und vögeln bis der Arzt oder der Frühling kommt. Und mit ihm das Wandern...
Wie gesagt, ein Problem mit Astrid war die Natur.

Coolness once belonged to gender.

Es gab eine Zeit, in der es cool war, als Mann feministische Theorie-Bücher gelesen zu haben. Und den Tod des Märchenprinzen auswendig zu können. Ehrlich gesagt, kam man nur so bei den vermeintlich spannenden Frauen weiter. Bei Astrid zum Beispiel. Oder bei Katja.
Katja nannte mich "Baby", was ich ziemlich cool fand. Im Stüberl fragte sie einmal: "Hast du zufällig ein o.b. dabei, Baby?"
Ich hatte - und war cool. Astrid dagegen guckte eher pikiert.
Der bis heute unerreichte Gipfel an Coolness aber war, als Katja sich dann nicht die Mühe machte, aufs Klo zu gehen, sondern das Tampon am Stammtisch wechselte. Während ich das Teil beneidete, tilte Astrid aus: "Biste jetzt völlig mongo, oder was?"
"Bleib cool", sagte Katja, und es klang nach Lebensmotto. Aber es klang nur so.
Astrid ist übrigens Lehrerin geworden.

Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand.

Ich mag das ja, wenn in Westernfilmen der Cowboy stundenlang schweigend an der Bar sitzt und seine große, unglückliche Liebe im Whiskey ertränkt. Und irgendwann sagt er: "Sie hieß Mary-Lou, verdammt..." Und dann schweigt und trinkt er weiter.
Leider bin ich kein Cowboy. Meine Mary-Lou hieß Katja und soviel Whiskey wie ich für sie bräuchte, vertrage ich nicht.
Aber, wie hätte das auch gut gehen sollen damals? Katja hatte Geld wie Heu, und ich war chronisch pleite. Wenn wir ins Kino gingen oder auf die Kirmes, immer zahlte sie. Kaum ausgehalten vor Scham habe ich es, als sie mir im Café heimlich ein paar Mark für den Rosenverkäufer zusteckte.
Katja ließ sich in Gelddingen beraten, während ich mit meinem YPS-Metalldetektor die Gullis der Umgebung absuchte.
Katja sagte so Sätze wie: "Du darfst mich küssen, aber ohne Zunge."
In dieser Hinsicht war sie altmodisch: "So lange du nicht für uns sorgen kannst, läuft nichts."
Eine bittere Erfahrung für einen Vierzehnjährigen.
Vielleicht hätte ich auch jemand fragen sollen, der sich damit auskennt. Vielleicht sollte ich aber auch endlich reinen Tisch machen, vielleicht sollte ich ein Cowboy sein - in meinem eigenen privaten Westernfim: "Sie hieß Katja, verdammt..."
Ja - ich habe mich für sie erniedrigt: Ich zog ihr ein Kettchen mit einem Plastik-Hufeisen aus dem Kaugummi-Automaten, wenn ich mal Geld hatte, lud ich sie zum Tee ein und sagte Sätze wie: "Ich habe bei Black Beauty auch geheult."
Ins Poesiealbum schrieb ich unter die Rubrik "Lieblingsgetränk" Buttermilch... Super reden könne man mit mir, meinte Katja, und ich Trottel nahm es als Kompliment. Aber es gibt kein wahres Leben im Falschen: Ponyreiten ist kein Rodeo, Duftkerzen sind keine Lagerfeuer, und die beiden Akkorde von "Horse with no name" zu können, nützt gar nichts, wenn man im Stimmbruch ist.
Und als alle anderen schon ein Mofa hatten, ließ ich mich immer noch zweimal die Woche von meinen Eltern zum Voltigieren fahren. "Ruhig, Brauner, ruhig!" Scheiße, ich war kein Cowboy, sondern ein gottverdammter Pferdeflüsterer.
Als ich dann auf der Kirmes das zehnte Mal an der Rose vorbeischoss, sagte Katja: "Wir können ja gute Freunde bleiben."
Und ich Trottel nickte auch noch.
Es ist einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist.

Warum sich Astrid von mir getrennt hat?

Künstlerische Differenzen, würde ich sagen. Dabei waren wir uns durchaus einig: Scorsese und Hemingway. Aber als Jugendlicher im Bett zu liegen und sich ein gemeinsames Leben im Alter vorzustellen, ist einfach unsexy.
"Wir könnten reisen", sagte Astrid, "oder Kurse geben in der Toskana."
"Ich werde einen Hund haben", sagte ich.
"Und Katzen", sagte sie, "und Kinder. Du könntest einen Roman schreiben und ich illustriere ihn."
"Ich werde jeden Tag fischen gehen", sagte ich.
"Au ja. Wir kaufen eine Farm und bauen unser eigenes Gemüse an und Kühe und Fische natürlich."
"Ich werde nichts fangen, Astrid. Wozu auch? Ich werde jeden Tag in derselben Kneipe essen, Brandy trinken und Pool spielen."
"Wie in The Color of Money?"
"Und immer, wenn mich einer von den jungen, coolen Typen herausfordert, werde ich mit dem ersten Stoß die schwarze Kugel versenken."
"Du bist ein schäbiger, alter Mann", sagte Astrid.
Warum wir uns getrennt haben? Sie stand auf Tom Cruise und ich auf Paul Newman. So einfach ist das.

In hormonell schwierigen Zeiten macht man so etwas eben.

Das Adressbuch zur Hand nehmen. Überlegen, ob man mal wieder anrufen sollte. Sich treffen...
"Du hast dich gar nicht verändert", sagt sie.
Du dich schon, denke ich und sage es nicht. Auch nicht: Mensch, bist du aber groß geworden. Sondern natürlich: "Du siehst toll aus."
"Du auch."
Pause.
"Und wie geht's?", frage ich.
"Muss ja", antwortet sie, "und selber?"
"Hm."
"Lang her, was?"
"Ja, verdammt lang."
"Das ist von BAP, nicht?"
"Hm."
"Weißte noch, wie wir damals...?"
"Ja."
Lange Pause.
Ich: "Was machst du denn so?
Sie: "Wir bauen."
Ich hätte es wissen müssen. Das Leben ist eine Baustelle und den Neubaugebieten sieht man die Familienplanung einfach an.
"Ich muss dann mal", sage ich.
"War schön", sagt sie.
"Ja. Das war es."
Früher.
Ich fand BAP damals schon furchtbar.


aus: volker surmann (hrsg.), das war nicht ich, das waren die hormone. geschichten aus der pubertät, 2010 (satyr-verlag)
„Puberty Short Cuts“ ist eine collage. teile davon finden sich stark verändert als bildergeschichten auch in: J.J., flaschendrehen, 2002 (© dtv)

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