Mit Liebe Schmeißen. Über LOVEBOMB

Vielleicht hilft ein genauerer Blick auf den Bandnamen, um das Besondere und den Zauber der ganz und gar großartigen Freiburger Band LOVEBOMB – oder besser: ihrer einzigartigen Konzerte – zu verstehen:
„Love Bombing“ bezeichnet – kurz gesagt – den Gebrauch von Liebe und Sex zu ideologischen Zwecken. Vor allem die Moon-Sekte in den späten 1970er Jahren, aber auch das US-Militär und andere seltsame Vereinigungen sandten gutaussehende, junge Menschen aus, auf dass sie unter Einsatz ihres Sexappeals andere für ihre Sache gewinnen sollten: „Ich schenke dir meinen Körper und du gehst dafür in die Kaserne, ich schenke dir meine Liebe und du machst im Gegenzug bei uns mit!“
So weit die schöne (und pervertierte) Hippie-Praxis des „Love Bombing“. Glaubt man den Geschichtsbüchern, taucht der Begriff erstmals 1978 auf.
Alles richtig und doch grundfalsch: Denn da gibt es diesen völlig abseitigen, unbekannten Song „Lovebomb“ von Lynsey De Paul aus dem Jahre 1975 (!) und da gibt es diese fünf Freiburger Musiker, die sich nach diesem Song benennen und ihn derart kongenial covern, dass man sich fragt, wie man ihn je hat überhören können.
Die Freiburger LOVEBOMB nimmt ihren Namen ernst: Nicht mehr ganz junge, dafür umso besser aussehende Menschen beschmeißen und bombardieren andere Menschen mit Liebe, nur eben nicht im Dienste einer Ideologie, sondern im Dienste guter Musik. Die eigenen und fremden Songs der Band sind nichts weniger als ein Klang gewordenes Liebes-Geschenk und man muss keinerlei Gegenleistung dafür erbringen, um es zu bekommen – man darf es annehmen. Einfach so.
Und damit ist eigentlich alles schon gesagt!
Natürlich ließe sich, um der Chronistenpflicht genüge zu tun, erwähnen, dass die fünf LOVEBOMB-Mitglieder gemeinsam weit über 100 Jahre Banderfahrung in fast ebenso vielen Bands und Projekten auf die Bühne bringen, dass sie auf unzähligen Tonträgern mitwirkten, dass sie mit Frank Zappas Gitarristen genauso gern auf Tour waren wie mit erlesenen Country-Göttern oder unaussprechlichen Neu-Tön-Heroen... Es ließe sich lobhudeln, dass bei LOVEBOMB eine der innovativsten Rhythmusgruppen auf drei Songwriter trifft, die ihresgleichen suchen, dass hier zwei Sängerinnen im Rampenlicht stehen, die in der Lage sind, „Fleetwood Mac“ ihre Würde zurückzugeben, dass hier Eigenkompositionen gespielt werden, die Bob Dylan ein anerkennendes Lächeln abrängen... Es ließe sich anmerken, dass das Publikum dem LOVEBOMB-Gitarristen wie bei einem Jazzkonzert „standing ovations“ zollt, obgleich dieser kein Solo, sondern lediglich ein selbstvergessenes „fill in“ über vier Takte gespielt hat... Aber das sparen wir uns.
Entscheidend ist der Moment, das Konzert. Und das beginnt bei LOVEBOMB – wie es sich gehört – auf der Bühne und laut und in herkömmlichem line-up: drei Stimmen, zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug. Sehr viel mehr braucht es ja ohnehin nicht zum Glücklichsein. (Merke: Eine schöne Frau, die stilvoll auf eine schöne E-Gitarre eindrischt, ist nie – NIEMALS – verkehrt!)
Irgendwann aber verlassen die Musiker Bühne und Verstärkung und was dann geschieht, muss man erlebt haben, denn es ist kein Konzert mehr, sondern ein Ereignis: Mindestens die Hälfte eines jeden LOVEBOMB-Gigs findet rein akustisch und inmitten des Publikums statt. Es regiert nichts mehr außer der gute Song in bestem Gewand. Oder anders gesagt: Liebe liegt im Raum. Pur, leise, ungeschützt und mitten ins Herz.
Ich war dabei und darf es deswegen kundtun: LOVEBOMB gibt einem die Ahnung zurück, wie wunderbar Musik sein kann. (Davon abgesehen macht dich diese Band – in bester Hippietradition – zu einem anderen, besseren Menschen!)
Ein LOVEBOMB-Auftritt ist Sex in Songs und wem zweieinhalb Stunden Liebesspiel aus freien Stücken nicht reicht, der darf von den Musikern eine selbstgemachte und selbstverpackte (!) CD im Empfang nehmen – zur häuslichen Selbstbefriedigung.

© 2011 jess jochimsen

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